Mit seinem vierten Album schaffte Kontra K vor acht Jahren den Sprung in die Champions League des Deutschraps. Trotz des Mega-Erfolgs in den Folgejahren, hat sich der gebürtige Berliner niemals von Partys, Bling-Bling und dem Fame blenden lassen. Uns saß ein Kontra K gegenüber, dem man weder Starallüren noch die kleinste Arroganz nachsagen konnte. Vor seinem Auftritt in der Wiener Stadthalle, gab er uns ein Exklusivinterview, scherzte, und versprühte jede Menge Sympathie.
Cool: Du bist gerade auf Tour: Wie ist dein Alltag „on the road“?
Kontra K: ‘Ne gute Frage für den letzten Gig (zwinkert). Klar, auf Tour zu sein, ist super anstrengend – vor allem körperlich. Aber irgendwie belebt man sich jeden Abend immer wieder. Man ist zwar körperlich kaputt, aber wenn man dann auf die Bühne kommt, ist es ein unvergleichbares Gefühl! Deine Songs nehmen richtig Gestalt an, sobald diese Energie zwischen dir und dem Publikum rüberkommt! Nach den Shows trifft man auf Fans … ja, und das sind eben unbezahlbare Momente.
Cool: Was gefällt dir am meisten, wenn du in Österreich zu Besuch bist?
Kontra K: Boah, also ich mag voll die Wiener Altstadt! Während der Tour gehe ich normalerweise selten raus, da man einen strengen Zeitplan zu befolgen hat. Aber wenn ich in Wien bin, versuche ich immer einen Abstecher in die Altstadt zu machen, hol’ mir ein gutes Stück Sachertorte… heute waren’s sechs (lacht). Und ich freu’ mich natürlich auf die Menschen!
Cool: Du warst ‘ne Zeit lang mit RAF und Bonez gut unterwegs. Von daher haben sich viele Fans gewundert, dass du auf „Palmen aus Plastik III“ nicht vertreten warst, und ihr auch kein Feature für dein neues Album aufgenommen habt. Bist du mit den beiden heute noch befreundet?
Kontra K: Auf jeden, na klar! Wir haben grad’ vor ein paar Tagen gechattet. Dieses Jahr war’s einfach so, dass wir Drei mehrere Projekte am laufen hatten, und vieles hat sich leider überschnitten. So wie heute: RAF und Bonez hatten mich zuvor zu ihrem Berlin-Gig eingeladen, aber in der Hektik wohl vergessen, dass ich selbst auf Tour bin. Aber hey, ich wär’ natürlich voll gern dabei gewesen! Somit hat sich ein lustiger Zufall ergeben, da ich als Berliner heute in Wien auftrete – und umgekehrt, RAF als Wiener, mit Bonez in Berlin. Aber keine Sorge, zwischen uns ist alles cool!
Cool: Dein Debütalbum „Dobermann“ ist genau 12 Jahre her. Wie blickst du heute vor allem inhaltlich darauf zurück?
Kontra K: Ich bin ja mittlerweile schon 35, dreifacher Vater, mache andere Dinge als früher, und bin natürlich viel reifer als damals mit 23 Jahren. Somit spiegelt sich diese Lebenserfahrung in meiner Mucke wider. Jetzt mache ich z.B. Tracks wo’s darum geht, Verantwortung zu tragen und sich nicht sinnlos auf die Brust zu trommeln. Ich meine, die Welt wird nicht einfacher sondern komplizierter, und als Rapper muss man sich schon gut überlegen was man von sich gibt.
Cool: Deine neue Platte heißt „Für den Himmel durch die Hölle“. Was hat der Albumtitel zu bedeuten?
Kontra K: Naja, um es ganz offen zu sagen: Uns allen passiert Scheiße im Leben. Wir machen Fehler, fallen hin. Aber die guten Momente sind erst gut, durch die schlechten zuvor. Ich hab’ jedenfalls gelernt, dass ohne die Schattenseiten, selbst die schönsten Momente irgendwann „langweilig“ werden. Und im Endeffekt, entstehen die besten Dinge aus einer schweren Krise heraus. So war’s bei mir mit dem jetzigen Album, welches aus mehreren persönlichen Krisen gleichzeitig entstanden ist.
Cool: US-Rapper Rick Ross sagte einst: „Rap ist auch eine Art seine Tränen zu vergießen“. Inwieweit trifft das auf deine Mucke zu?
Kontra K: Sehr! Genau darum geht’s in meinem Track „Letzte Träne“. Durch meine Lyrics sage ich Menschen jene Dinge, die ich in normalen Gesprächen nicht sagen kann, oder will. Viele meiner Rap-Kollegen betonen immer wieder, dass das Songschreiben eine Art Therapie ist, und, meiner Meinung nach, ist es sogar die beste und gewaltloseste Therapie überhaupt.
Cool: Wenn wir über Freundschaften im Rap-Biz sprechen, würdest du sagen, dass Geld und Frauen oftmals die Gründe dafür sind, dass echte Männerfreundschaften zerbrechen?
Kontra K: Nö, ich würde eher sagen, dass kindisches Heckmeck oftmals der Grund ist, warum unechte Männerfreundschaften zerbrechen! Ein richtiger Mann ist für mich jemand, der Werte hat und dazu gehört eben auch Freundschaft. Echte Männer stehen zu ihren Fehlern, und geben nicht den Frauen oder dem Geld die Schuld. Das ist eine bequeme Ausrede!
Cool: Auf dem Track „Soldaten 2.0“ hast du gerappt: „Ich spring’ dem Tod von der Schippe!“. Hattest du wirklich schonmal ein Nahtoderlebnis?
Kontra K: (lacht ironisch) Oh Mann, und das sogar öfter! Ich bin an einer Lungenentzündung fast draufgegangen, dann einmal durch schweren Blutverlust, auch mal wegen „Dinger-die-man-besser-nichtzu-sich-nehmen-sollte“ fast weg gewesen! Ja, ich hatte viele unschöne Vorfälle… ich glaub’ die Einzelheiten können wir uns gerne sparen. Aber ich sag’ mal so: Kontra K lebt schnell, aber dafür ordentlich!
Cool: Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?
Kontra K: Definitiv! Ich glaub’ daran, dass es „drüben“ etwas gibt. Ich glaube, dass wir nach dem Tod nicht ohne Grund 21 Gramm leichter sind. Denn wenn unsere Seele den Körper verlässt, wird unser Körpergewicht um 21 Gramm leichter – irgendwo müssen die ja hin.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass du dir mit der einen Hand was nehmen kannst, aber mit der anderen Hand etwas zurückgeben musst!
Cool: Ein anderes Hammer-Feature war „Tiefschwarz“ mit Samra, wo du gerappt hast: „und dem was wir hassen, bleiben wir auf ewig treu!“ Wie ist dieser Widerspruch zu verstehen?
Kontra K: Hast du schon vom „Stockholm-Syndrom” gehört?
Cool: Du meinst diesen Banküberfall in Stockholm, wo die Geiseln unerklärlicherweise eine Sympathie zu den Geiselnehmern entwickelt haben?
Kontra K: Richtig! Das was uns kaputt macht, dem rennen wir am meisten hinterher! Die, die uns nicht mögen, bei denen wollen wir, dass sie uns lieben! Und genau das ist der Widerspruch, den wir uns so oft im Leben nicht erklären können. Ich für meinen Teil, versuche in meinen Songs eine Antwort drauf zu finden.
Cool: Themawechsel… deine Wurzeln liegen ja in der ehemaligen Sowjetunion. Kannst du uns Näheres zu deiner Herkunft erzählen?
Kontra K: Also, mein Vater würde sagen: „Wir sind aus Russland gekommen, einmal durch die Ukraine geritten und über Umwege in Berlin gelandet“. Ich hab’ jedoch seinerzeit nicht viel von der osteuropäischen Kultur mitbekommen – außer von meiner Oma. Das gute Essen und die vielen slawischen Sprachen, die bei ihr Zuhause gesprochen wurden. Aber jetzt geht’s „back to the roots“, da meine Frau Russin ist, und unsere Kinder zweisprachig bzw. russischdeutsch aufwachsen. Von daher, gibt meine Frau mir jetzt Russisch-Nachhilfeunterricht, damit ich wieder in Fahrt komme (lacht).
Cool: Gemeinsam mit Capital Bra, der ja auch einen russisch-ukrainischen Background hat, hast du den Track „Stop Wars“ rausgebracht. Wie könnte eine Lösung des russisch-ukrainischen Konflikts aussehen?
Kontra K: Puh, also ich bin vom Beruf Rapper, und nicht Politiker. Insofern fällt es mir schwer diese Frage zu beantworten. Wir sollten generell gucken: Um was geht’s am Ende? Jeder Krieg ist falsch und jede Kugel, die abgefeuert wird, ist eine zu viel! Es gibt ja zurzeit nicht nur einen Angriffskrieg, deswegen spenden ich und Capi die Einahmen von diesem Song nicht ausschließlich an die Ukraine, sondern an alle Kriegsgebiete, wie beispielsweise in Jemen.
Cool: Zuvor hast du während der Waldbrände in Australien Spenden gesammelt. Und darüber hinaus, sogar eine Tigerin gerettet bzw. in einer Auffangstation untergebracht.Warum ist dir Wohltätigkeit so wichtig?
Kontra K: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass du dir mit der einen Hand was nehmen kannst, aber mit der anderen Hand etwas zurückgeben musst! Zudem glaube ich an Karma, und wenn ich will, dass es mir und meinen Liebsten gut geht, muss ich hie und da gucken, dass es anderen auch gut geht. Ganz einfach. Das ist, was ich vorhin mit Verantwortung meinte.
Cool: Stichwort: Family. Mittlerweile sind du und deine Frau glückliche Eltern von zwei Söhnen und einer Tochter. Welche Werte versucht ihr in der Erziehung zu vermitteln?
Kontra K: Wir befinden uns ja erst in der Anfangsphase der Erziehung, da unsere Kiddies noch sehr jung sind. Jetzt geht’s erstmal darum, den Kleinen Grundsätze mitzugeben, was es heißt ein guter und ehrlicher Mensch zu sein. Zum Beispiel: Seid fair zu jedem und behandelt jeden so, wie ihr selbst behandelt werden wollt. Denn wie ich immer sage: Respekt kriegt nur, wer auch denselben gibt!
Cool: Viele deiner Rap-Kollegen haben ihr Leben bereits verfilmt. Können wir uns auch mal auf ein Biopic von dir freuen?
Kontra K: Ich hätte schon Bock auf ein Biopic, sollte irgendwann der richtige Regie-Partner um die Ecke kommen. Momentan arbeite ich mit meiner Crew an einer umfangreichen Doku über die letzten 20 Jahre meines Lebens, die wir demnächst releasen wollen. In den Jahren vor der Pandemie, waren wir praktisch auf der ganzen Welt unterwegs: ob in Tschetschenien, Los Angeles oder Indien. Und glücklicherweise wurde das alles auf Film festgehalten.
Cool: Hast du schon Pläne für die Zeit nach der Rap-Karriere?
Kontra K: Auf keinen – ich liebe ja meinen Job (lächelt). Und solange das so ist, steh’ ich dafür gerne jeden Tag auf. Klar, freut es mich, dass ich ausverkaufte Hallen fülle, aber Stadien gibt’s ja auch noch! (lautes Gelächter in der Runde) Was ich damit sagen will, ist, dass es immer Verbesserungspotential gibt, und man immer weiter an sich selbst arbeiten muss. Zurück zu deiner Frage: Mit 35 ist an eine „Rap-Rente“ gar nicht zu denken!
Cool: Abschlussfrage: Jugendlichen, die Rapstars werden möchten, gebe ich folgenden Tipp…
Kontra K: Lernt erstmal einen richtigen Job! (lacht) Sorry, ich wollte sagen: einen gutbürgerlichen Job. Wenn ihr nebenbei noch genügend Ausdauer und Liebe für Rap habt, macht es gerne in eurer Freizeit und irgendwann wird sich eure Mühe auszahlen. Hoffentlich. Seien wir uns ehrlich: ein Hobby zum Broterwerb zu machen, ist verdammt schwierig! Das sollte allen Jugendlichen von vornherein klar sein. Und wenn meine Kinder älter werden, werde ich ihnen das gleiche sagen.