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Tattoo Talk: „Das erste Mal tut immer weh“

Als Englisch- und Turn-Lehrerin fing Linda Baier an, ihren Schülern den richtigen Umgang mit TikTok zu zeigen. Zwei Jahre später ist sie als Linda Lime mit 1,5 Millionen Followern erfolgreiche Influencerin und veröffentlichte mit „Die TikTok Schule“ kürzlich ihr erstes Buch. Wir haben uns kein Blatt vor den Mund genommen und bei der 28-Jährigen tabulos nachgefragt.

In Österreich trägt mittlerweile jeder Vierte ein oder mehrere Kunstwerke unter der Haut. Auch auf TikTok und Instagram ist die Tattoo-Inspirations-Bubble riesig – von kleinen, minimalistischen Motiven bis hin zur großflächigen Body-Art. Wir haben mit Samuel Smigoc, dem Geschäftsführer des Grazer Tattoostudios „THE HOLY INK“ über Tattoo-Trends, Tipps und seine ganz persönlichen Erfahrungen rund im die Akzeptanz von Tattoos in der Gesellschaft gesprochen.

 

Cool: Worauf muss ich bei der Wahl eines Tattoostudios achten?

Sam Smigoc: Hygiene ist bei einem Tattoostudio immer am wichtigsten. Über Instagram oder die Website kann man das oft nicht wirklich beurteilen. Da werden natürlich nur die schönsten und besten Bilder gezeigt. Am besten ist es, wenn man sich wirklich selbst vor Ort ein Bild macht und einfach mal im Studio vorbeischaut. Nicht nur Hygiene ist wichtig, sondern auch der Vibe. Es muss zwischenmenschlich auch passen und die Kunden sollen sich wohlfühlen, vor allem wenn es ums erste Tattoo geht.

Cool: Was sollte ich vor dem Tätowieren beachten?

Sam: Ganz wichtig: Kein Alkohol vor dem Tätowieren. Alkohol verdünnt das Blut und das wäre beim Stechen nicht gut. Also am besten auch schon am Vortag auf Alkohol verzichten. Vor dem Termin sollte man auch immer etwas essen, damit der Kreislauf stabil bleibt. Ich hab immer wieder mal Kundinnen und Kunden, die vor lauter Aufregung vor dem Termin nichts essen und denen dann schwindlig oder unwohl wird. Ich hab bei mir im Studio auch zuckerhaltige Getränke, die in solchen Situationen helfen können.

Cool: Welche Tattoos sind aktuell besonders beliebt?

Sam: Schlangen, minimalistische Motive, Fineline-Tattoos, aber auch Anime.

Cool: Tätowieren tut weh und nicht alle stehen auf Schmerzen. Es gibt mittlerweile viele Betäubungscremen, die den Schmerz, auch beim Stechen, lindern sollen. Was hältst du als Profi davon?

Sam: Aus der Sicht eines guten Tattoostudios würde ich ganz klar sagen, dass Betäubungscremen tabu sind. Örtliche Betäubungen dürfen im Grunde auch nur von Fachpersonal durchgeführt werden. Zu viel Betäubungscreme kann sich negativ auf den Körper auswirken.

Cool: Gibt es Stellen am Körper, die beim Tätowieren besonders schmerzhaft sind?

Sam: Das ist natürlich ganz individuell, aber grundsätzlich kann man sagen, dass Rücken, Bauch, Schienbein oder Kniekehlen besonders empfindlich sind.

Cool: Wenn wir schon bei „empfindlich“ sind… wer ist wehleidiger, Jungs oder Mädels?

Sam: Mädels halten viel mehr aus als Jungs (lacht).

Cool: Wenn du jemanden zum ersten Mal tätowierst, gibt es dann auch Stellen, von denen du abraten würdest?

Sam: Letztendlich trägt die Person selbst das Tattoo ihr ganzes Leben lang auf der Haut. Da kann ich zwar Tipps geben, aber es steht mir als Tätowierer nicht zu, die Entscheidung meiner Kundinnen und Kunden zu beeinflussen.

Cool: Gibt’s Motive, die du niemals stechen würdest?

Sam: Es gibt eine Tattoo-Verbotsliste. Darauf geht’s vor allem um rechtsextreme Symbole, die nicht tätowiert werden dürfen. Ansonsten muss jeder selbst entscheiden, welches Motiv er oder sie auf der Haut tragen will. Da darf meine persönliche Meinung keine Rolle spielen. Aber gerade bei jungen Kundinnen und Kunden frage ich schon nach, was sie beruflich machen oder machen möchten und ob sie sich bei bestimmten Motiven oder Stellen wirklich sicher sind. Vor allem in der Zeit von 16 bis Mitte 20 sind viele voll in der Identitätsentwicklung und da muss man sich gut überlegen, was man für immer auf der Haut tragen möchte.

Cool: Spannend, immerhin bist du ja selbst fast am ganzen Körper tätowiert. Wie hat dein Umfeld darauf reagiert?

Sam: Meine Eltern sind sehr religiös und ich bin auch so erzogen worden. Tattoos und optische Veränderungen generell waren eigentlich immer ein Tabu bei mir in der Familie. Aber ich bin der Meinung, dass man das machen sollte, was einen selbst glücklich macht, nur dann kann man auch wirklich glücklich sein. Ich drücke mich durch meine Tattoos aus. Mein Vater war zu Beginn nicht wirklich begeistert, aber im Leben geht’s um Akzeptanz und das bekomme ich von meiner Familie zu 100 %. Akzeptanz ist generell etwas, das ich mir von mehr Menschen wünschen würde.

Cool: Bist du schon mal anders behandelt worden, wegen deiner vielen Tätowierungen?

Sam: Jein. Ich hab mein erstes Tattoo mit 16 von meiner Schwester geschenkt bekommen. Dann ging’s los und ich hab mir immer mehr tätowieren lassen. Früher war’s schon so, dass mich Leute angestarrt haben. Vor allem ältere Leute haben mich da oft angesehen. Ich weiß, dass meine Tattoos viele Blicke auf sich ziehen, aber es gibt einen Unterschied zwischen anschauen und unangenehm anstarren. Ich bin der Meinung, dass man niemanden auf so eine Art anstarren sollte, nur weil er oder sie ein bisschen anders aussieht. Generell finde ich, dass viele Menschen weniger Vorurteile haben sollten und andere nicht auf ihre Tattoos oder andere Körpermerkmale reduzieren sollten. Wir müssen lernen, die Leute so zu akzeptieren und zu schätzen, wie sie sind.

© @eins.zwo.drei

Das ist „Tabulos“
Obwohl immer mehr Menschen Tattoos auf ihremKörper tragen, sind sie dennoch in vielen Kreisen  verpönt. Ich selbst habe auch einige Tattoos. Auf meinen Armen trage ich unter anderem einen kleinen Dino, ein Pizzastück und einen Pokéball. Da ist es tatsächlich schon oft vorgekommen, dass mich vor allem ältere Menschen (auch im Arbeitsumfeld) schief und judgy angeschaut haben. Tattoos sind Geschmacksache. Aber wie Sam im Interview ganz richtig sagt: „Gefallen müssen sie nur dem, der sie trägt.“ Also: Stop staring like an idiot! (Kathi Hiller)