Was macht einen Menschen schön? Warum machen wir uns aufgrund gesellschaftlicher Schönheitsideale so einen Druck? Wir sind auf Instagram auf die Fotos von Dajana Pitra gestoßen und haben die 21-jährige Wahlwienerin deshalb zum Interview gebeten.
Cool: Im Gegensatz zu dem ganzen Schönheitswahn und Perfektionismus auf Instagram, sind deine Fotos erfrischend anders. Warum hast du beschlossen solche Fotos von Dir zu posten?
Dajana Pitra: Ich folge schon seit ca. einem Jahr der Instagrammerin @willstdubleiben. Die hat eine ähnliche Figur wie ich und ich finde ihre Fotos total schön. Das heißt dann eigentlich, dass mein Körper genauso schön ist. Darum habe ich mir gedacht, dass ich auch gerne solche Fotos machen würde. Es gibt auch sicher Mädels, die mir folgen und ihr nicht und für die ich dann eine Art Vorbild sein könnte. Ich möchte mit meinen Fotos einfach zeigen, dass es eben auch andere Körper gibt.
Cool: Du bist ja eigentlich kein Model. Wie aufgeregt warst du vor dem Shooting und auch danach bevor du das erste Foto gepostet hast?
Dajana: Ich war so nervös, das kannst du dir nicht vorstellen. Es ist ja jetzt nicht so, dass ich jeden Tag aufstehe und mir vorm Spiegel denke: Fuck, du schaust geil aus. Ich fühle mich grundsätzlich schon sehr wohl in meinem Körper, aber es ist ja trotzdem nicht so, dass die gesellschaftlichen Erwartungen einfach an mir abprallen. Solche Fotos von mir zu posten, war für mich ein Riesenschritt. Jedes Mal wenn ich ein Foto poste, habe ich Angst. Es sind sehr intime Fotos von meinem Körper, einem, der nicht den Schönheitsidealen entspricht. Es ist deshalb jedes Mal eine Überwindung. Ich kriege ja auch so Nachrichten wie ‚Du weißt schon, dass du fett bist‘ oder ‚Bist du gesundheitsbedingt übergewichtig oder hast du einfach keinen Bock auf Sport?‘. Wenn man etwas so Empfindliches mit der Öffentlichkeit teilt und dafür negative Kommentare oder Nachrichten kriegt, dann verletzt einen das im ersten Moment schon. Mittlerweile kann ich damit aber umgehen, weil ich nur mehr die positiven Meldungen an mich ranlasse.
Cool: Ich wollte gerade sagen, dass du auf Instagram und im Umgang mit „Hatern“ so selbstbewusst wirkst, als wären dir die Meinungen anderer völlig egal. Ist das also gar nicht so?
Dajana: Jein, denn auch wenn der Kopf weiß, dass es Blödsinn ist, trifft es einen im Herzen manchmal trotzdem. Man wird von allem was man sieht geprägt und sich selbst so zu akzeptieren wie man ist, ist ein ständiger Kampf. Obwohl ich mich in meiner Haut wirklich wohlfühle, reicht dann manchmal ein Bild oder eine Folge „Germany’s Next Topmodel“ und ich fühle mich schlecht. Selbstbewusstsein, sich selbst zu lieben… das ist ein langer Prozess und geht nicht von heute auf morgen. Ich kämpfe mit meinem Körper seit dem ich elf Jahre alt war. Da waren Phasen dazwischen, in denen ich sehr dünn war, aber mich nicht so wohlgefühlt habe wie jetzt. Und es geht ja nicht nur um das Gewicht. Plötzlich hasst man seine Nase, die Oberschenkel sind zu dick, der Busen ist zu klein und man steigert sich immer mehr in so etwas hinein. Auch das Thema Körperbehaarung: Ich finde, es ist okay, wenn du dich nicht rasierst und es ist genauso okay wenn du es tust. Wenn du als Mann Bock hast, dir deine Beine zu rasieren, dann tu es. Wenn ein Mädel sich intim lieber nicht rasiert, dann tu es nicht. Jeder sollte sich einfach wohlfühlen und sich nicht nach gesellschaftlichen Vorgaben richten.
Ich habe eine Zeit gehabt, da wollte ich im Sommer nicht rausgehen oder ins Schwimmbad, weil ich vor den Blicken der anderen Angst hatte.
Cool: Was trifft dich besonders?
Dajana: Viel schlimmer als jeder Hater-Kommentar sind für mich Nachrichten von anderen Mädels. Wenn mich Zehnjährige um Tipps fragen, könnte ich jedes Mal zum Heulen anfangen. Naaaa bitte, Mädel warum beschäftigst du dich schon in deinem Alter damit wie dein Körper aussieht oder wie er ausschauen sollte? Das bricht mir das Herz! Mein vierjähriger Neffe hat kürzlich „abwertend“ von einer Dicken im Kindergarten erzählt und ich dachte mir so: Woher weiß der schon was dick ist, der kann das noch nicht mal schreiben?
Cool: Du hast gesagt, dass du schon mit elf mit deinem Körper gekämpft hast. Was meinst du damit?
Dajana: Ich habe eine Zeit gehabt, da wollte ich im Sommer nicht rausgehen oder ins Schwimmbad, weil ich vor den Blicken der anderen Angst hatte. Eine Zeit lang habe ich mich nicht getraut, in der Öffentlichkeit zu essen, weil sich die Leute sonst denken: ‚Kein Wunder, dass sie so ausschaut.‘ Das ist einfach nur dumm, von beiden Seiten. Ich finde es traurig, wenn Leute nicht akzeptieren können, dass andere Menschen so ausschauen wie sie ausschauen.
Cool: Was hat dir auf deinem Weg zu einem besseren Selbstwertgefühl geholfen?
Dajana: Die erste Hilfe war für mich Feminismus. Also nicht das Ganze was man in den Medien diesbezüglich immer liest, sondern der Grundgedanke davon: Frauen sind schön wie sie sind. Punkt. Der Frauenkörper ist etwas so Besonderes, beispielsweise können nur Frauen Kinder gebären. Das hat mir persönlich sehr geholfen. Du bist wunderschön wenn du zehn Kilo zu viel hast, du bist aber auch wunderschön wenn du fünf Kilo zu wenig hast. Solange alles gesund ist und du dich wohlfühlst, ist alles gut. Der zweite Schritt war für mich, dass ich mich von meinem alten Umfeld abgekapselt habe, also von Menschen, die mich nicht so akzeptiert haben. Leute, die dir immer sagen, dass du mit zehn Kilo weniger besser ausschauen würdest, brauche ich nicht in meinem Leben. Es ist ganz wichtig, dass du ein positives Umfeld hast. Ich bin deshalb zum Beispiel auch auf Instagram allen entfolgt, die mir ein schlechtes Bild von mir selber gegeben haben.
Cool: Du hast „Germany’s Next Topmodel“ schon angesprochen. Es gibt derzeit ja auf Instagram auch die Gegenbewegung #notheidisgirl. Wie denkst du darüber?
Dajana: Es ist gut, dass etwas passiert, aber ich will ja auch „Germany’s Next Topmodel“ gar nicht verurteilen. Es soll einfach jeder tun können, was er will. Ich glaube, dass Stereotypen keinem Menschen wirklich gut tun. Mädels müssen schlank sein, Männer müssen breite Schultern haben und muskulös sein, Homosexuelle sind so und so. Warum haben Typen im Fernsehen nicht mal ein Baucherl oder warum rasieren sich Frauen in TV-Werbungen ihre bereits rasierten Beine? Warum ist ein Model mit Kleidungsgröße 38 ein Plus-Size-Model und nicht einfach ein Model? Ich finde es einfach schade, dass die ganze Werbeindustrie, die Models, Filmstars und Instagrammerinnen so einen Einfluss auf die eigene Wahrnehmung haben, dass man sich plötzlich selber nicht mehr schön findet.
Das ist „Tabulos“
Ich bin so gehypt wegen „Tabulos“, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Es freut mich total, dass wir euch auch mal andere Sachen zeigen und nicht nur Interviews mit Stars, sondern auch mit normalen Leuten machen können. Es gibt so viele Dinge, die euch betreffen und die als Tabus gar nicht oder zu selten angesprochen werden. Wenn ihr Fans von JANAklar seid, dann kennt ihr Dajana vermutlich schon aus ihren Stories oder von Fotos. Ich habe Dajana im Vorjahr auch persönlich kennengelernt und finde ihre Fotos sehr mutig, aber auch sehr cool und wollte deshalb unbedingt ein Interview mit ihr zu dem Thema machen. Ich hoffe, ihr nehmt von dem Interview etwas mit und denkt mal darüber nach. Danke „Dajo“ und Daumen runter für Bodyshaming. (Daniel Gräbner)