© Niculai Constantinescu Photography | Text: Leo Kulidjanov

Kontra K: Fels in der Brandung

Wer am Abend des 28. Februars in der Wiener Stadthalle war, weiß dass Kontra K und seine Crew wieder mal einen Hammer-Gig hingelegt haben! Am selben Tag hatte unser Wiener Reporter Leo Geburtstag und startete gleich mit einem Exklusivinterview ins neue Lebensjahr. Vor Showbeginn traf man sich im Backstage, wo der überaus freundliche Rapstar Leos Fragen beantwortete.

Wer am Abend des 28. Februars in der Wiener Stadthalle war, weiß dass Kontra K und seine Crew wieder mal einen Hammer-Gig hingelegt haben! Am selben Tag hatte unser Wiener Reporter Leo Geburtstag und startete gleich mit einem Exklusivinterview ins neue Lebensjahr. Vor Showbeginn traf man sich im Backstage, wo der überaus freundliche Rapstar Leos Fragen beantwortete.

 

Cool: Max, wir müssen unser Interview – schicksalsbedingt – mit einem sehr traurigen Thema beginnen, denn am 05. Februar hast du den Tod deines Vaters bekanntgegeben. An dieser Stelle wollen wir dir auch von der COOL-Redaktion unser tiefstes Beileid aussprechen. Möchtest du rückblickend zu deinem Track „Fels in der Brandung“ etwas sagen?

Kontra K: Ich hab’ ja viele Songs für- und über meinen Vater geschrieben, aber gerade „Fels in der Brandung“ scheint den Fans am meisten in Erinnerung geblieben zu sein. Da ging’s darum, was für ein Vorbild mein Vater für mich war, und dass ich genauso ein Vorbild für meine Kinder sein will. Für mein aktuelles Album hab’ ich den Track „Dein Schatten“ gemacht, wo ich meinen Vater in den Tod begleite – er war ja zu dem Zeitpunkt bereits auf der Palliativstation (hält inne). Im Endeffekt bin ich sehr dankbar für die Zeit, die wir hatten, und sterben müssen wir ja alle irgendwann. Ich bin auch all jenen Menschen dankbar, die für mich da sind! Ich mein, zu der Beerdigung kamen auch gewisse Personen, mit denen ich seinerzeit richtig Zoff hatte, und wir haben uns am Grab versöhnt. Das war sehr emotional und vermutlich das einzig „Schöne“, was man am Tod finden kann.

Cool: Mit „Die Hoffnung klaut mir niemand“ hast du wieder mal einen sehr starken Albumtitel gewählt. Wer oder was gibt dir momentan Hoffnung?

Kontra K: Das Leben an sich! (schmunzelt) Ich hab’ tatsächlich nach dem Tod meines Vaters ‘ne 180-Grad-Wende gemacht. Zuvor hatte ich meine Linie etwas aus den Augen verloren, lebe aber jetzt definitiv bewusster als früher. Ich habe viel nachgedacht und erkannt, wie viel Hass man aus der Welt schaffen kann, wenn man selbst ein bisschen mehr Liebe gibt. Wenn wir gegen Hass mit Hass ankämpfen, kommt dabei nur noch mehr Hass heraus! Das hatte ich selbst lange probiert, und es war sinnlos. So viel dazu. Aber im Wesentlichen werden meine Frau und unsere Kinder immer meine größten Hoffnungsträger sein!

Cool: Deine Single „Weiche Kissen“ mit Clueso lässt viel Spielraum für Interpretation. Welche Message wolltet ihr an die Hörer vermitteln?

Kontra K: Naja, man kann sich die Welt so schönreden, wie man will – und man kann auch so reich sein, wie man will – aber es ändert ja nichts an der globalen Notlage, die wir momentan haben! Zum Beispiel ist die Möglichkeit eines Dritten Weltkriegs durchaus real! Das ist etwas, was die meisten von uns verdrängen, oder es schlicht nicht wahrhaben wollen. Und egal wie „weich die Kissen“ sind, die Wahrheit tut weh. Somit sollten wir uns mehr mit der Wahrheit befassen. Und wenn wir akzeptieren, dass sie weh tut, können wir auch was dagegen tun.

Cool: Du hast überraschenderweise auch mit Lana Del Rey ein Feature gemacht. Wie ist eure Zusammenarbeit zustande gekommen?

Kontra K: Ich wollte unbedingt ein Sample von ihr benutzen, es war aber nicht ganz easy die Freigabe zu bekommen. Ich hab’ dann die Zügel in die Hand genommen und die Chefetage von Universal Music so krass genervt (lacht) dass sie irgendwann meine Anfrage direkt an Lana weitergeleitet haben. „Summertime“ hat ihr so gut gefallen, dass sie mir sogar ihre original Vocalspuren geschickt hat. Und jetzt laufen Gespräche, ob wir eventuell ein Remake für den amerikanischen Markt machen. An dieser Stelle: vielen Dank nochmal an Universal!

Cool: Welche Mucke hörst du eigentlich privat?

Kontra K: Leute, ihr werdet euch jetzt wundern, aber gerade bin ich bei Country. Ohne Spaß! Ich hab’ für mich entdeckt, dass es in der Countrymusik richtig coole Texter und wahnsinnig schöne Nummern gibt. Der Kanadier Colter Wall zum Beispiel ist der Hammer! Man muss sich seine Brewery-Sessions reinziehen, denn wie er live singt, ist mega!!

Cool: Vor kurzem sind zwei hochinteressante Biopics in die Kinos gekommen. Einmal das von Bob Marley und dann noch von Milli Vanilli. Zwei Geschichten, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten, die uns aber gezeigt haben, wie hart es hinter den Kulissen zugeht. Was kannst du uns – aus eigener Erfahrung – darüber erzählen?

Kontra K: Die Musikindustrie ist ein ständiges Wechselspiel, und somit ist es unmöglich, die Vor- und Nachteile voneinander zu trennen. Man muss in jedem Fall der Arbeit und dem psychischen Druck gewachsen sein – gerade in unserem Social-Media-Zeitalter. Ich persönlich, bin nach 14 Jahren im Rap-Game fast schon „teflonbeschichtet“ (lacht). Guck mal, es gibt ja dieses Sprichwort: Der Teufel ist aus Fleisch und Blut. Das heißt, der Teufel wacht jeden Morgen in uns auf und versucht, uns zu irgendeinem Scheiß zu verleiten! Und die Ursache dessen, ist oftmals Neid und Missgunst. Ganz einfach. Das ist die „Krankheit“ des Showbiz. Ich jedenfalls, hab‘ mich davon getrennt, als ich merkte, dass dieser Dreck mich von innen vergiftet.

Cool: Während unseres letzten Interviews mussten wir aus Zeitgründen ein sehr interessantes Thema skippen, und zwar: deine Anfänge in der Graffiti-Szene. Du hast ja aus diesem Lebensabschnitt weit mehr mitgenommen als nur den Künstlernamen Kontra K, stimmt’s?

Kontra K: Na klar, ich hab’ zum Beispiel einen guten Orientierungssinn bei Nacht mitgenommen (lacht). Jetzt im Ernst: man kann mich heute noch egal wo aussetzen, und ich komm’ wieder nach Hause – ganz ohne Handy oder Navi. Zudem hab’ ich einen siebten Sinn für Gefahr entwickelt. Und in dieser Zeit hab’ ich mich mit Bonez angefreundet.

Ich stehe jeden Morgen um sechs Uhr auf, frühstücke und bring meine Kinder in den Kindergarten und zur Schule.

Cool: Ein Zitat von dir, welches mich sehr beeindruckte, war: „Im Endeffekt fressen wir alle von demselben scheiß Sandwich, das sich Leben nennt! Die einen mehr, die anderen weniger“. Hattest du diesbezüglich ein Schlüsselerlebnis, welches dich zu dieser Erkenntnis gebracht hat?

Kontra K: Hmmm, das eine Schlüsselerlebnis gab es nicht, sondern ‘ne ganze Reihe von Vorfällen und Schicksalsschlägen. Zum Beispiel, als jemand aus meinem Freundeskreis mit jungen Jahren völlig unerwartet an Krebs verstorben ist. Da hab’ ich mir gedacht: Alter, wir alle lieben und leiden im gleichen Maße, denn das hätte theoretisch jedem von uns passieren können. Geld macht zwar das Leben leichter, aber es macht einen nicht glücklicher! Genau darüber rappe ich auf meinem Song „Erfolg ist kein Glück“. Ich hab’ auch gelernt, dass Geld und Verrat unmittelbar zusammenhängen. Denn als ich seinerzeit broke war, gab’s keinen Grund, mich zu verraten! (lacht)

Cool: Da wir gerade von deinen Zitaten sprechen… Auf „Soldaten 2.0“ hast du gerappt: „Was ich weiß, ich will niemals so werden wie ihr!“ – wen meintest du mit „ihr“?

Kontra K: Da hab’ ich einige aus der Musikindustrie gemeint – nicht nur Artists, sondern auch die Drahtzieher im Hintergrund: jene falschen Schlangen, die ihre Werte für Geld und Fame wegschmeißen, Menschen etwas vorgaukeln, etc. Natürlich sind nicht alle im Showbusiness so. Aber meine Erfahrung hat gezeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis du auf solche Ratten triffst!

Cool: Kommen wir jetzt zu dem Filmprojekt, welches du in unserem letzten Interview erwähnt hast. Gibt’s da News?

Kontra K: Die Doku haben wir vor ein paar Monaten fertiggestellt, und haben auch viele Angebote bekommen, sie groß rauszubringen. Mit dem Release möchte ich jedoch abwarten, und das aus gutem Grund: Mein Vater spielt dort ‘ne Riesenrolle – und durch seinen Tod, finde ich, dass ihm Zeit und Ruhe gebührt. Also, aufgeschoben ist nicht aufgehoben – und wenn meine innere Stimme mir sagt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dann wird meine Doku auf den Markt kommen.

Cool: Deine neuen Videoclips habt ihr in Kasachstan gedreht – richtig?

Kontra K: Genau, und es war ‘ne sehr spannende Reise! Aus meiner Sicht, trifft dort die Ostblock-Gastfreundschaft auf die asiatische Tüchtigkeit. Ich bin viel um die Welt gejettet, aber Kasachstan war nochmal ‘ne ganz neue Erfahrung. Insbesondere das Produktionsteam vor Ort und die Landschaft, wo wir drehten, haben mich krass beeindruckt!

Cool: Der Lifestyle von Rapstars ist generell ein sehr spannendes Thema! Wie sieht dein Alltag aus?

Kontra K: Relativ unspektakulär, um ehrlich zu sein. Also, diejenigen, die glauben, dass ich den ganzen Tag auf irgendwelchen Speedbooten cruise, muss ich enttäuschen (lacht). Ich steh morgens um sechs Uhr auf, frühstücke, bring meine Kinder in den Kindergarten und zur Schule. Dann bin ich beim Sport, wo ich meine Trainingsgruppe habe. Ich manage ja zwei junge Boxer – einen Sibirier und einen Tschetschenen. Mit denen trainiere ich jeden Tag zusammen. Und danach geht’s entweder ins Büro oder Studio.

Cool: Übrigens, ich sehe, dass der Platz für neue Tattoos langsam aber sicher knapp wird. Inwieweit, ist dies ein Problem für einen waschechten Tattoo-Fan wie dich?

Kontra K: Nö. Ich bereue keines meiner Tattoos, und nach der Tour lasse ich mir bestimmt was als Erinnerung an meinen Vater stechen. Weglasern werde ich mir definitiv nix, manche Motive werden vielleicht übermalt oder verschönert, bleiben aber im Kern drinnen. Das ist alles mein Leben.

Cool: Wenn du deine 14 Jahre im Rap-Game Revue passieren lässt, was würdest du heute anders machen?

Kontra K: Tendenziell erstmal nichts, denn ich bin sehr dankbar und glücklich, wie mein Karriereweg verlaufen ist. Ich hab’ sicherlich Fehler gemacht oder Fehlentscheidungen getroffen, aber nichts, was mich heute belastet – weder menschlich noch anderweitig.

Cool: Was steht auf deiner To-Do-Liste bis zum Jahresende?

Kontra K: Festivals spielen, die nächste Tour planen, am neuen Album tüfteln, weiter die Welt bereisen. Alles, was Gott mir schenkt, nehme ich dankend an.

Cool: Schließen wir mit dem schönen Stichwort Hoffnung ab. Viele Fans hoffen, dass du mit RAF und Bonez wieder mal ein krasses Feature machst. Ist diese Hoffnung berechtigt?

Kontra K: Auf jeden Fall!! Gerade mit Bonez hab’ ich in den Wochen nach dem Tod meines Vaters, viel telefoniert. Er war auch einer der ersten, die sich nach der Trauernachricht bei mir gemeldet haben. Hiermit ein großer Shoutout an Bonez! Bruder, ich danke dir von Herze für den Support! Okay, kommen wir jetzt zurück zu deiner Frage: unsere Fans werden sich etwas gedulden müssen, denn wir drei, haben ein schwieriges Jahr zu bewältigen. Ich muss den Verlust meines Vaters verarbeiten, RAF muss sich von dem Hörsturz erholen – das hat er auch publik gemacht. Und Bonez muss ebenfalls hustlen. Aber ich sag’ mal so: harte Zeiten vergehen, harte Typen bestehen! (zwinkert)