© Dominik Müller | Text: Leo Kulidjanov

R. TATTOO X BARBER by RAF Camora: Die Reportage (Teil 2)

In der letzten Ausgabe erklärte Geschäftsführer Moritz Sageder exklusiv das Erfolgsrezept von RAF Camoras Laden – dem größten Tattoo-Studio Wiens. Im zweiten Teil unserer Reportage geht’s um Tattoo-Geschichte, aktuelle Trends sowie Zukunftspläne, an denen Moritz und der österreichische Rap-Superstar gerade tüfteln.

In der letzten Ausgabe erklärte Geschäftsführer Moritz Sageder exklusiv das Erfolgsrezept von RAF Camoras Laden – dem größten Tattoo-Studio Wiens. Im zweiten Teil unserer Reportage geht’s um Tattoo-Geschichte, aktuelle Trends sowie Zukunftspläne, an denen Moritz und der österreichische Rap-Superstar gerade tüfteln.

 

Cool: Euer Laden wurde schnell zur „Pilgerstätte“ für Fans. Da hat sich doch bestimmt die ein oder andere Anekdote zugetragen, oder?

Moritz Sageder: Naja, jeder Promi hat Fans, die es übertreiben. Stichwort: Stalker. Und so gab’s tatsächlich schon Frauen, die RAF nachgeflogen sind – sei es nach Barcelona oder sogar nach Dubai. Ich erinnere mich, als eine Dame zu uns in den Laden kam und uns ‘ne sehr interessante Story auftischte, um an RAFs Handynummer zu kommen! Aber da wir keine Deppen sind (lacht), haben wir sofort gecheckt, was da los ist und es mit Humor genommen. Bei uns läuft alles ruhig ab: Wenn RAF vorbeischaut, ist sicherheitshalber sein Bodyguard dabei und Hater hatten wir – Gott sei Dank! – noch nie.

Cool: Seit etwa 30 Jahren sind Tattoos „cool“, davor waren sie über Jahrhunderte sie größtenteils verpönt. Warum war das so?

Moritz: Die Bodyart-Geschichte ist Jahrtausende alt und sehr viel-schichtig, insofern kann man da nicht pauschalisieren. Es stimmt schon, dass Tattoos in vielen Ländern als „Brandmark der Unterwelt“ galten bzw. immer noch gelten – so wie in Japan mit der Yakuza. Im alten Rom war’s genau umgekehrt: dort trugen die Prätorianer ein bestimmtes Motiv, um stolz zu zeigen, dass sie Cäsars Leibgarde sind. Hey, und selbst Kaiserin Sisi war tätowiert. Das heißt, die öffentliche Wahrnehmung von Tattoos varierte mit Zeit, Ort, und Kultur. Was unsere Generation betrifft, so denke ich, dass David Beckham eine Vorreiterrolle gespielt hat, warum Tattoos salonfähig wurden. Ihm folgten andere Weltklassesportler, und mit der Zeit ging dieser „Domino-Effekt“ durch alle Gesellschafts-schichten. Wir haben z.B. eine Stammkundin, eine Anwältin aus Tirol, die extra zu uns nreist, wenn sie ein neues Peckerl will.

© Tim Walker
© Dominik Müller

Cool: Zurück in der Gegenwart… Du kriegst ja unzählige Bewerbungen – sowohl für den Barber- als auch für den Tattoobereich. Welche Kriterien sind für dich ausschlaggebend?

Moritz: Falls mal eine Stelle frei wird, checken wir erstmal das Insta-Profil des jeweiligen Tattoo-Artists oder Hairstylists ab. Wenn der erste Eindruck stimmt, wird ganz klassisch eine Probezeit vereinbart. Wie gesagt, dabei ist das Work Product super wichtig, aber genauso auch, dass der Bewerber oder die Bewerberin eine starke Teamplayer-Mentalität mitbringt. Das ist eine weitere essentielle Zutat unseres Erfolgsrezepts. Wir sind ein eingespieltes Team, und so muss ein positiver Grundvibe herrschen. Obwohl RAF und ich am Ende die Entscheidungsträger sind, nehmen wir schon Rücksicht auf die Meinung unseres Personals.

Cool: Wie wird man Tätowierer?

Moritz: Unsere schöne Alpenrepublik ist tatsächlich das einzige europäische Land, wo der Tätowierberuf reglementiert ist. In Deutschland z.B. brauchst du lediglich einen Gewerbeschein und darfst dich danach „Tätowierer“ nennen. Bei uns gibt es eine Befähigungsprüfung. Kurz zusammengefasst: Zuerst kommt die Theorie, wo man unter anderem zu verschiedenen Hauttypen befragt wird, dann kommt der praktische Teil und zu guter Letzt wird der medizinische Grundkurs abgefragt. Aus meiner Berufserfahrung kann ich sagen: Das Tätowieren ist ein Handwerk und wie in jedem Handwerk wird man nur dann besser, wenn man ständig übt. Und von den Star-Tätowierern in L.A. habe ich gehört, dass einige der Besten das Pecken im Knast gelernt haben. Dort hat man viel Zeit und manche versuchen diese so produktiv wie möglich zu nutzen (lacht).

Cool: Stichwort: Trends. Was ist momentan total in und was out?

Moritz: Also, komplett out gibt’s eigentlich nicht, da auch in der Tattooszene Revivals passieren. So kommen Tribals zurück – selbst das berühmt-berüchtigte „Arschgeweih“ (lacht). Dieses Jahr sind auch sogenannte Fineliner-Motive sehr trendig! Das sind sehr filigran gestochene Tattoos mit mikro-realistischem Look.

Cool: Wie sieht deine Zukunftsvision aus?

Moritz: Wir möchten natürlich expandieren, jedoch nicht zu sehr auf ’s Gaspedal drücken. Im Endeffekt geht’s darum, die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Momentan konzentrieren wir uns auf unsere beiden Standorte in Wien und Salzburg und werden bei einigen Aspekten nachschärfen. Parallel zum Laden, managen wir auch RAFs Modelabel Cørbo. Zudem arbeiten wir mit RAF an einem neuen Großprojekt, welches voraussichtlich im Oktober an den Start gehen wird. Genaue Infos darf ich noch nicht verraten, aber gerne etwas anteasern: Das was RAF in den letzten zehn Jahren an Lebensweisheiten gelernt hat, möchte er nun gerne weitergeben – also seid gespannt was auf euch zukommt!

Cool: Eine hauseigene Tattoo-Schule ist nicht geplant?

Moritz: Nee, das ist sicherlich eine coole Idee, auf die wir möglicherweise irgendwann zurück kommen werden, aber momentan kriegen wir’s zeitlich nicht gebacken.